Blick auf den Reichstag in Berlin
Marcito / Fotolia
07.12.2020

Was hat der VDE mit der Politik am Hut?

Neutrales Technologiewissen für den demokratischen Dialog, die gesellschaftliche Debatte und den Fortschritt – Ziele: Mitwirkungsansprüche geltend machen und Technologiefeindlichkeit verhindern.

Markus B. Jaeger, Head of Political Affairs der VDE Gruppe im Gespräch mit dem VDE Bayern.

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Leiter VDE Bayern
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Die unterschiedlichsten Akteure sammeln sich in Branchen- oder Industrieverbänden, in denen klassischer Interessen-Lobbyismus gegenüber der Politik betrieben wird. Von einem Erfolg wird dann gesprochen, wenn gesetzgeberisches Handeln im Sinne der Lobbyisten und ihrer (industriellen) Auftraggeber beeinflusst werden konnte.

Beim VDE ist das anders. Der VDE ist kein Branchenverband. Der VDE ist kein Industrieverband – auch wenn das „V“ im Markennamen und die Eigenbezeichnung als „Verband“ augenscheinlich eine andere Eingangsvermutung zulassen. Der VDE ist eine Technologieorganisation, in der sich technologieaffine Menschen zu einem inzwischen weltweit über 100.000 Technologie-Experten zählenden Knowhow-Netzwerk zusammengeschlossen haben. Die VDE Experten aus den Bereichen Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik sind der Technologie Think Tank Deutschlands.

Markus B. Jaeger, Head of VDE Politik

Der 46-jährige Jurist Markus B. Jaeger war 20 Jahre in der Politik tätig und verantwortet seit Juni 2018 weltweit den Bereich Politik in der VDE Gruppe mit Standorten in Berlin und Brüssel. In seiner Freizeit managt er ehrenamtlich den Erstliga-Baseballverein Berlin Flamings. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.

| Markus Jaeger/Marcel Lampert

Warum sollten sich Ingenieureinnen und Ingenieure mit der Politik vernetzen - z. B. über den VDE?

Technologisches Wissen ergänzt die politische Meinung, beseitigt Halbwissen. Für einen aufgeklärten demokratischen Dialog und die gesellschaftliche Debatte benötigen wir Faktenwissen. Wer politisch mit den Ängsten der Menschen spielt, riskiert eine zunehmende Technologiefeindlichkeit in der Bevölkerung. Tritt das ein, verspielen wir die Zukunft. Technologie-Experten des VDE verdeutlichen im politischen Netzwerk ihren Mitwirkungsanspruch und beschleunigen den Fortschritt. Die neutrale Beratung durch unabhängige Experten trägt zur Versachlichung von Debatten bei – das zeichnet den VDE seit inzwischen über 126 Jahren aus.

Welche Ziele verfolgt VDE Politik mit seiner Arbeit?

Der VDE soll als unabhängiger Ratgeber zu technologischen Themen auf der politischen Bühne etabliert werden. Wir sind ein „Technologie-Expertenfilter“ zwischen Industrieinteressen und technologischer Sinnhaftigkeit.

Durch unser politisches Themen-Scouting liefern wir z. B. einen zeitnahen Knowhow-Transfer und somit einen Mehrwert für politische Prozesse. Unser neuer ehrenamtlicher VDE Präsident Prof. Dr. Armin Schnettler setzt mit den Themen Nachhaltigkeit, Energy of the Future sowie Safety und Security darauf, die politischen Entscheidungsträger fundiert, neutral und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu informieren. Unsere ganzheitliche Arbeit im gemeinnützigen VDE wirkt sich dabei natürlich auch positiv auf die Industrie und insbesondere die Gesellschaft Deutschlands aus.

Der VDE soll insgesamt sichtbarer und als der neutrale, kompetent technisch-wissenschaftlicher Partner wahrgenommen werden. Hierbei kommt insbesondere unser Netzwerk aus haupt- und ehrenamtlichen Experten zum Tragen. Sie sind es, die in den Bereichen Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik den VDE zum besagten Technologie Think Tank Deutschlands machen und auch vor Ort Rede und Antwort stehen. Mit 29 Bezirksvereinen sind wir bundesweit stark und präsent in der Fläche vertreten. 

Ein weiteres Ziel ist, die nächsten Generationen aus Technologie und Politik zusammen zu bringen. Hierzu muss bei den kommenden Tech-Experten ein Verständnis für politische Prozesse erzeugt werden. Nur mit einer gemeinsamen Sprache und tragfähigen Netzwerken können wir gemeinsam die Aufbauarbeit für die technologische Landschaft im Jahr 2040 plus X leisten. VDE Politik ist auch ein Übersetzer: Die gleiche Sprache und eine gesunde Kommunikation erleichtern das Verständnis und die Akzeptanz zwischen Experten, Technologien und Politikern.

Wie sieht die Vernetzung konkret aus? Welche Angebote für Mitglieder werden Sie z. B. im VDE Bayern dafür aufsetzen?

Kommunikation! Wir müssen mehr miteinander sprechen – gerne auch gemeinsam Ideen entwickeln. Wir haben uns bereits in einem digitalen Format zusammengefunden, damit VDE Politik auch die Basis vor Ort mitnimmt. Warum nicht mehr – auch mit Politikern – den digitalen Austausch aufnehmen? Warum nicht ergebnisoffen die Zukunft im Jahr 2200 spinnen? Die technologische Entwicklung, die Zukunft des Menschen und der VDE – das ist ein Dreiklang, aus dem wahrlich spannende Diskussionsrunden gesponnen werden können.

Mit wem sprechen Sie in den politischen Schaltzentralen in Brüssel, Berlin oder auch in München?

Adressaten sind unter anderem die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, des Europaparlamentes und der Länderparlamente. Darüber hinaus die jeweiligen Fraktionen in den Parlamenten (Bund, Länder, EU) sowie deren Arbeitsgruppen und Gremien. Aber auch Mitglieder der Bundesregierung sowie der Landesregierungen, das Bundeskanzleramt und Staatsminister, Minister und Staatssekretäre sowie die EU-Kommission zählen zu meinen Gesprächspartnern.

Wie messen Sie den Erfolg Ihrer Arbeit?

Daran, wie wir technologische Ideen aus dem VDE-Netzwerk in Politik und Gesellschaft einbringen können und wie offen Entscheidungsträger für unsere Ideen sind. Hier haben wir bereits einige Erfolge vorzuweisen. Meine Arbeit ist aber nur ein kleiner Baustein in einem komplexen und mitunter internationalen Netzwerk. Hier müssen alle Prozesse harmonisch ineinandergreifen, damit wir am Ende gemeinsam erfolgreich sind. Für den VDE. Aber vor allem – so wie sich das die Gründungsväter vor 126 Jahren um Werner von Siemens gedacht haben: Für die Menschen.